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Schutz vor Entladungen

Interview mit Matthias Jung, Produktmanager Filterelemente bei ARGO-HYTOS. Erschienen im Magazin "fluidtechnik" im Juli 2013.

Auf den ersten Blick hat sich bei Hydraulikfiltern in den letzten Jahren nicht viel verändert. Täuscht der Eindruck?

Tatsächlich könnte man den Eindruck gewinnen, dass sich bei den Standardprodukten nicht viel verändert hat. Der  äußere Eindruck aber täuscht, denn schaut man genauer hin, stellt man fest, dass sich bei den “inneren” Werten sehr viel getan hat.
Die wesentlichen Parameter eines Filterelementes sind die Schmutzaufnahmekapazität, die Filterfeinheit und der Druckverlust. Hatte ein Filterelement mit der Feinheit 10 µm(c) im Jahr 2000 eine spezifische Schmutzkapazität von ca. 6 mg/cm2, konnte diese um über 130 % auf ca. 14 mg/cm2 gesteigert werden. Gleichzeitig konnte der Druckverlust um ca. 50 % reduziert werden.
Der Kundennutzen durch diese Leistungssteigerung sind bei Filtern gleicher Baugröße längere Filterwechselintervalle, verbesserte Ölreinheit und ein höherer Nennvolumenstrom bzw. bei gleichbleibenden Filterwechselintervallen, die Möglichkeit kleinere und somit kostengünstigere Filter verwenden zu können. Das schont die Umwelt und die Ressourcen.

Was macht einen guten Hydraulikfilter aus?

Filterelemente sind komplexe Hydraulikkomponenten, denen man von außen nicht ansieht, was sie zu leisten imstande sind. Neben den bereits genannten Parametern Schmutzaufnahmekapazität, Filterfeinheit und Druckverlust spielen auch die Durchflussermüdungsfestigkeit, Differenzdruckstabilität und die Beständigkeit gegenüber allen gängigen Hydraulikmedien eine wichtige Rolle.
Die Abscheideleistung eines Filterelementes, gekennzeichnet durch die Filterfeinheit, ist maßgeblich für die Ölreinheit im System über die gesamte Einsatzdauer.
Die Durchflussermüdungsfestigkeit des Filtermaterials gewährleistet die Ölreinheit auch bei wechselnder Durchflussbelastung.
Lange Filterwechselintervalle werden durch eine hohe Schmutzaufnahmekapazität möglich, wenn auch die Durchflussermüdungsfestigkeit und Materialbeständigkeit ausreichend sind.
Eine exzellente Differenzdruckstabilität gewährleistet, dass bei häufigen Kaltstarts, die das Material aufgrund der niedrigen Viskosität des Hydrauliköles sehr stark belasten, die Filterelemente intakt und funktionsfähig bleiben.
Nachbau-Filterelemente sind meist eine exakte Kopie des Originals hinsichtlich der Abmessungen. Die Filterleistungsdaten unterscheiden sich aber von denen der Original-Filterelemente signifikant, was man von außen leider nicht sehen kann. Nur im Labor, mit geeignete Prüfständen und genormten Filterprüfungen lassen sich die Unterschiede zwischen Original- und Nachbau-Filterelementen sichtbar machen.

Welche Forderungen diktieren heute Anwender ins Pflichtenheft eines Filter-Herstellers?

Die Kundenanforderungen sind vielfältig. Der Trend geht jedoch zu längeren Filterwechselintervallen und niedrigem Druckverlust sowie einer erweiterten Medienbeständigkeit wie z.B. die Verträglichkeit gegenüber biologisch abbaubaren Hydraulikölen.
Besondere Anforderungen erfordern spezielle Lösungen wie z.B. Filterelemente für leistungsverzweigte Getriebe mit einer extremen Duchflussermüdungsfestigkeit, wasserabsorbierende Filterelemente bei Problemen mit Wasser im Öl oder elektrisch leitfähige Filterelemente bei Verwendung von nicht oder nur gering leitfähigem Öl.
Seit ein paar Jahren beobachten wir einen weiteren Trend, weg vom Standardfilter, hin zu individuell, kundenspezifisch angepassten Filtern. Hierbei wird durch clevere Funktionsintegration in die Filter oder durch Systemintegration der Filter z.B. in Hydraulikbehälter, eine Eintrittsbarriere geschaffen, die den Nachbau aufgrund des sehr hohen technischen Aufwandes erschwert bzw. aufgrund von Schutzrechten verhindert. Dadurch wird sichergestellt, dass immer Original-Ersatzfilterelemente verwendet werden und die erforderliche Ölreinheit über die gesamte Einsatzdauer erzielt wird. Garantieverlängerungen werden dadurch erst möglich, die Umsätze im After Sales gesichert und die Kundenbindung verbessert.

In jüngster Zeit kommen verstärkt neue Hydrauliköle zur Anwendung. In diesem Zusammenhang hört man immer wieder von Problemen, die durch elektrostatische Entladungen entstehen. Beschreiben Sie bitte kurz die Sachlage.

Die Leitfähigkeit eines Öles hängt von der Art des Grundöles und den zugesetzten Additiven ab. Der Trend hin zu höher raffinierten Grundölen, sind die verbesserten technischen Eigenschaften wie z.B. die Alterungsbeständigkeit. Allerdings weisen diese Öle eine geringere Leitfähigkeit auf. Neben dem Grundöl haben Additive einen erheblichen Einfluss auf die Leitfähigkeit. Je niedriger der Anteil metallorganischer Additive ist, umso niedriger ist auch die Leitfähigkeit des Öles. Bei herkömmlichen Hydraulikölen wird häufig Zinkdithiophosphat (ZDDP) eingesetzt, das als Verschleiß- und Korrosionsschutz sowie als Antioxidans wirkt, aber als gesundheitsschädlich gilt. Deshalb verzichtet man z.B. bei umweltverträglichen Ölen auf diesen Zusatz, wodurch die Leitfähigkeit herabgesetzt wird und sich die Gefahr der elektrostatischen Aufladungen erhöht.
Strömt ein nicht oder nur wenig leitfähiges Hydrauliköl durch eine Anlage, findet an den Grenzflächen zwischen Öl und nichtleitfähigen Oberfläche wie z.B. Filtervliese und Schläuche, eine elektrostatische Aufladung statt. Diese Aufladung entsteht durch schnelle Trennung zweier nicht leitfähiger Oberflächen. Dadurch kann kein Ladungsausgleich stattfinden und es entsteht eine Ladungstrennung. Sobald die Ladungsmenge groß genug ist kommt es zu Entladungen in Form von Entladungsblitzen. Da in Filterelementen, aufgrund der vielen feinen Fasern, die nicht leitfähige Oberfläche sehr groß ist kann dieser Effekt hier auftreten und verstärkt sich mit zunehmender Strömungsgeschwindigkeit des Öls.

Welche Auswirkungen haben elektrostatische Entladungen auf das Filter?

Herkömmliches Filtermaterial kann aufgrund der Entladungsblitze und den damit verbundenen hohen Temperaturen, punktuell zerstört werden. Dadurch entstehen Löcher durch die Schmutzpartikel ungefiltert auf die Reinölseite gelangen können. Hier führt dies zu stark erhöhtem Verschleiß an Hydraulikkomponenten bis hin zu Funktionsstörungen und dem Ausfall der Maschine.
Die hohen Temperaturen der Entladungsblitze tragen aber auch zu eine beschleunigten Ölalterung bei, also zu einer Verschlechterung der Öleigenschaften und zur Verkürzung der Ölstandzeiten. Die dadurch entstehenden Ölalterungsprodukte wiederum verkürzen die Standzeiten von Filterelementen. Auch benachbarte elektronische Bauteile können aufgrund von elektrischen Entladungen beschädigt werden.

Wie könnte filterseitig eine Lösung für dieses Problem aussehen?

Damit die elektrische Aufladung des Öls beim durchströmen des Filtermaterials nicht zu groß wird, muss ein Ladungsausgleich stattfinden. Hierfür wurde ein spezieller, zum Patent angemeldeter Filterelement-Aufbau entwickelt, der für den Ladungsausgleich sorgt und somit zerstörerische Entladungsblitze wirksam verhindert.

Wie stellt sich die Kostenseite dar?

Verglichen mit den hohen Kosten für Reparatur- und Instandhaltungsmaßnahmen, den Unannehmlichkeit bei einem Maschinenausfall sowie dem Verdienstausfall während der Maschinenstillstandzeiten, sind die Mehrkosten für die neuen EXAPOR®SPARK PROTECT Filterelemente gering.

Welchen Nutzwert bietet konkret EXAPOR®SPARK PROTECT dem Kunden?

100 prozentige Vermeidung zerstörerischer Entladungsblitze im Filtermaterial garantieren eine exzellente Ölreinheit über die gesamte Einsatzdauer bei maximaler Betriebssicherheit und optimaler Standzeit von Filterelementen und Hydraulikmedium.
Die Filterelemente sind Kompatibel zu den Standard-Filterelementen wie z.B. EXAPOR®MAX 2 und erfordern keine Umbau oder Zusatzmaßnahmen an Filter und Hydrauliksystem. Alle übrigen Filterleistungsdaten bleiben unverändert.
Die EXAPOR®SPARK PROTECT Filterelemente sind Problemlöser. Daher empfehlen wir die Verwendung der neuen Filterelemente wenn die elektrische Leitfähigkeit des verwendeten Hydrauliköles kleiner 500 pS/m beträgt. Ist die Leitfähigkeit darüber kommen z.B. die seit vielen Jahren bewährten EXAPOR®MAX 2 Filterelemente zum Einsatz.

Vor einigen Jahren hat sich in der Hydraulikfiltration der Trend von der Komponente zur Systemlösung abgezeichnet. Ist diese Ära schon abgeschlossen oder noch voll im Gange?

Der Trend hin zur Systemlösung ist ungebremst. Mit zunehmender Wichtigkeit des Supply Chain Managements bei den Maschinenherstellern, geht der Trend ganz klar zu ganzheitlichen Lösungen in der Lieferkette. Dazu gehören die Funktions- und Systemintegration mit besonderem Focus auf die Reduzierung der Schnittstellen sowie der Herstellung von vormontierten und getesteten Funktionseinheiten.

Kundenspezifisches Saugfilter incl. Druckhalteventil für Schmierkreislauf, Druckschalter, Temperatursensor mit modularem, patentiertem Anschlusssystem, angepasst an die jeweilige Bauraumsituation, komplett vormontiert geliefert, reduziert aufwendige Montagearbeiten.
Um schnell auf Änderungen im Abnehmermarkt, steigende Qualitätsanforderungen und die Vielfalt neuer Produkte reagieren zu können ist eine enge Kunden-Lieferanten-Beziehung erforderlich. Eine langfristige Zusammenarbeit setzt einen offenen Informationsaustausch und gegenseitiges Vertrauen voraus. Nachhaltiger Erfolg entsteht durch Kontinuität und so eine win-win-Situation.

Interview mit Matthias Jung, Produktmanager Filterelemente bei ARGO-HYTOS. Erschienen im Magazin "fluidtechnik" im Juli 2013.

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